Puzzeln und Autismus?

Puzzeln und Autismus?

Ein Puzzle zu lösen, hat für die Psyche viele gute Eigenschaften. Darum ist es eine sinnvolle Beschäftigung für Jung und Alt. Wer sich jedoch in einer psychisch gesonderten Situation befindet, hat wieder einen anderen Blickwinkel auf das Thema. Aus diesem Grund möchte ich in diesem Artikel auf den Schwerpunkt „Puzzeln und Autismus“ eingehen.

Vorwissen: Was ist Autismus? – Eine kurze Erklärung

Bevor ich auf das Thema der Überschrift eingehe, möchte ich erst einmal kurz erklären, was Autismus ist. Denn ich vermute, dass nicht alle hiervon schon einmal gehört haben. Andere kennen wiederum vielleicht den Begriff, wissen aber nicht, was damit gemeint ist.

Autismus ist anders, als manche Leute denken, keine Krankheit. Es handelt sich stattdessen um eine Entwicklungsstörung, die schon im frühkindlichen Alter vorkommt und meist erst spät diagnostiziert wird. Das Wort stammt von dem griechischen Begriff „autós“. Dies bedeutet übersetzt „selbst“.

Betroffene sind nämlich in der Regel sehr auf sich selbst fokussiert. Obwohl es verschiedene Unterteilungen in „Asperger-Syndrom“ (F 84.5), „Frühkindlicher Autismus“ (F 84.0) sowie „Atypischer Autismus“ (F84.1) gibt, fällt die Unterscheidung in der Praxis schwer.

Des Weiteren werden immer mal wieder leichtere Formen diagnostiziert. Alle Varianten werden unter der Abkürzung ASS zusammengefasst, was „Autismus-Spektrum-Störung“ bedeutet.

Ferner zeigt sich die Verhaltensstörung bei Betroffenen oft besonders in den Bereichen des Verhaltens und der Sprache. Vor allem die nonverbale Kommunikation und der Beziehungsaufbau zu Mitmenschen fällt schwer. Ähnlich ist das beim korrekten Anwenden der Wörter und beim Sozialverhalten.

Weitere Infos zum Thema Autismus findet ihr unter: https://www.autismus.de/was-ist-autismus.html und https://autismusstiftung.de/was-ist-autismus/.

Puzzleteil als Autismus-Symbol

Schon hin und wieder habe ich gesehen, dass ein Puzzleteil als Symbol für Autismus gilt. Das puzzleartige Logo mit einem weinenden Kind wurde 1963 von Gerald Gasson, einem Vater eines autistischen Kindes, entworfen. Es sollte auf das Leiden bei Autismus hinweisen und wurde im Vereinigten Königreich von der National Autistic Society (NAS) als Logo genutzt. Auch Autism Speaks hat ein Puzzleteil als Logo. Mittlerweile weiß ich, dass dieses Zeichen für Autismus als umstritten gilt.

Warum ist das Puzzleteil ein umstrittenes Symbol für Autismus?

Am Puzzlestück als Symbol für diese Verhaltensstörung gibt es gleich mehrere Kritikpunkte. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass die umstrittene  Organisation Autism Speaks das Teil heute noch als Logo nutzt. Vermutlich nutzt sie nur eine geringe Summe ihrer Einnahmen für Autisten. Das meiste Geld lässt sie wohl in Forschungen fließen. Was sich gut anhört, stößt bei der Pränataldiagnostik auf die Befürchtung, dass irgendwann Autismus im Mutterleib erkannt werden kann und die ungeborenen Babys abgeschoben werden.

Abbildung: Autismus wird oft im Kindesalter diagnostiziert, aber auch Erwachsene sind hiervon betroffen/ Quelle: https://pixabay.com/de/photos/autismus-autistisch-asperger-kind-2457327/

Des Weiteren wird das Puzzleteil als Symbol für Autismus kritisiert, weil es in kräftigen Farben daherkommt. Diese sollen vermutlich Hoffnung bringen, jedoch können sie bei einigen Menschen den Eindruck erwecken, dass die Verhaltensstörung nur Kinder betrifft.

Ebenso negativ wird es oft angesehen, dass ein Puzzleteil als Rätsel gilt und manchmal auch für Einzigartigkeit steht. Auf Autismus bezogen könnte man vermuten, dass die Verhaltensstörung bzw. die betroffene Person ein Problem ist und gelöst werden muss. Auch die Einzigartigkeit muss nicht unbedingt positiv sein. Natürlich sind alle Menschen auf der Welt einzigartig und Autismus zeigt sich auf vielfältige Weisen. Dennoch möchten Betroffene in der Regel zur Gemeinschaft dazugehören und nicht durch ihre Eigenschaften auffallen.

Gibt es eine Lösung für die Kritik?

Ja. Mittlerweile existiert ein weiteres Symbol für die Verhaltensstörung. Dies ist ein Unendlichkeitszeichen in Regenbogenfarben. Über dieses Zeichen wird betont, dass alle Menschen gleichgestellt sind und mit Respekt behandelt, werden sollten.

Abbildung: Das Unendlichkeits-Zeichen in Regenbogenfarben steht für absolute Gleichberechtigung/ Quelle: https://pixabay.com/de/illustrations/autismus-unendlichkeitssymbol-1192408/

Puzzles lösen bei Autismus

Nachdem ich nun auf die Verhaltensbeeinträchtigung und das dazu genutzte Puzzlesymbol eingegangen bin, möchte ich zum Eingangsthema zurückkommen. Bei Autisten ist das Puzzlespiel oft beliebter, als manche Nicht-Autisten vielleicht denken. Es ist für sie zwar eine besondere Herausforderung, dafür hat es eine einfache und immer bewährte Struktur und vermittelt pädagogisch wertvolle Erkenntnisse.

Weshalb Legespiele für Betroffene gut sind

Warum solche Spiele sich gut bei autistischen Personen eignen, dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Grund ist die Autostimulation. Die Betroffenen haben nicht selten eine Wahrnehmung und Verarbeitung von Sinneseinflüssen, welche sich von denen der Nicht-Betroffenen unterscheidet. Mit dem sogenannten Stimming, also sich wiederholenden und gleichbleibenden Handlungen, werden Überschusshandlungen vermieden.

Da Puzzles immer auf die gleiche Weise funktionieren, können sie Betroffene beruhigen, ihre Konzentration verbessern und gleichzeitig Anspannungen abbauen. Das Stimming beim Puzzle kommt unter anderem durch die eindeutige Struktur und durch die geringen Spielmöglichkeiten zustande.

Ferner werden die sozialen Fähigkeiten ausgebaut. Bei dem freudigen Miteinander können die Betroffenen zum Sprechen und für Blickkontakte bewegt werden. Obwohl es so viele positive Gründe gibt, sollten autistische Menschen aber nicht zum Puzzeln gezwungen werden.

Es ist immer zu bedenken, dass die Reaktionen auf das Spiel von Mensch zu Mensch und teilweise auch von Tag zu Tag verschieden sein können. Auch bei der Auswahl des Modells sollte auf die Bedürfnisse und den Geschmack der Betroffenen eingegangen werden.

Abbildung: Gemeinsames Puzzeln ist für alle Kinder gut, egal ob autistisch oder nicht/Quelle: https://pixabay.com/de/photos/jungen-studenten-klasse-puzzle-7628095/

Mit einem autistischen Kind puzzeln

Alle Kinder, so auch Kinder mit Autismus, müssen das Zusammensetzen der Teile erst einmal lernen. Besonders bei Kindern mit der genannten Verhaltensstörung sollte das Spiel in einem festen Rahmen verlaufen.

Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass im an der gleichen Stelle oder zur gleichen Tageszeit gepuzzelt wird. Ebenso kann es bedeuten, dass immer der gleiche Puzzleteppich oder die gleiche Tischdecke darunter kommt. Um das Zusammensetzen der Teilchen zu erleichtern, kann es auch hilfreich sein, das vorherige Sortieren etwa nach Farben als festen Bestandteil einzubauen.

Puzzle für Autisten kaufen: Qualität und Alter

Beim Kauf eines Puzzles für Autisten, egal ob online oder offline, ist auf die Qualität sehr zu achten. Besonders autistische Kinder nehmen auch in einem Alter noch alles in den Mund, in welchem nicht autistische Kinder das nicht mehr machen.

Minderwertige Spielsachen könnten dann zur Gefahr werden oder schnell kaputtgehen. Besser ist es, in hochwertige Puzzles, am besten aus Holz, zu investieren. Kommt ein Modell gut bei den Betroffenen an, so kann auch gern mindestens ein weiteres auf Vorrat gekauft werden. Dann gibt es kein Problem wegen des fehlenden Spielzeugs, wenn es wegen Verschleiß entsorgt werden muss.

Generell muss man bedenken, dass Autisten oft länger mit ihren Spielwaren spielen, wie Nicht-Autisten. In diesem Zusammenhang kann man sich auch nicht nach den Altersangaben auf dem Karton richten. Das einzige Richtmaß, welches es für solche Kinder, Jugendliche oder gar Erwachsene zu berücksichtigen ist, sind die eigenen Interessen und Fähigkeiten der betroffenen Person.

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Neben meinem eigenen Wissen habe ich zur Texterstellung folgende Inhaltsquellen genutzt:

https://de.linkedin.com/pulse/autismus-verstehen-warum-das-puzzle-symbol-kritisch-betrachtet

https://ass-suedbaden.de/ueber-uns/stellungnahme-zum-puzzle-symbol/

https://www.unbemerkt.eu/de/puzzlestueck-als-symbol-fuer-autismus/

https://www.autismusspektrum.info/post/stimming-was-das-ist-und-wie-es-autisten-helfen-kann

https://atypical.life/spielzeug-fuer-kinder-mit-autismus-welche-spielsachen-sich-am-besten-eignen

https://www.autismus.de/was-ist-autismus.html

https://autismusstiftung.de/was-ist-autismus/

Quelle Beitragsbild: https://unsplash.com/de/fotos/weisse-und-rosa-zahl-10-C2zX9DEVSDs

2 thoughts on “Puzzeln und Autismus?

  1. Ich bin selber autistisch, habe ADHS und puzzle extrem gerne – aus diversen Gründen, und ich denke, dass einige davon sicherlich mit meiner Neurodivergenz zusammenhängen. So räume ich gerne auf bzw. bringe Dinge wortwörtlich „in Ordnung“, was beim Puzzlen ja elementar ist. Es ist für mich eine Möglichkeit, um meine Hände zu beschäftigen und auch einen gewissen Teil meiner Aufmerksamkeit zu fokussieren, wodurch ich konzentrierter über andere Dinge nachdenken kann. Podcasts höre ich beispielsweise fast immer nur beim Puzzlen, weil meine Gedanken sonst abschweifen und ich die Hälfte nicht mitbekomme. 😀

    Beim Puzzlen komme ich auch oft in einen Hyperfokus-Zustand, bei dem ich alles andere ausblende und auch mein Zeitgefühl verliere (deswegen stelle ich mir da immer den Handytimer, sonst versinke ich da stundenlang drin).

    Mittlerweile (im ICD-11) spricht man übrigens nicht mehr von Asperger und anderen Unterteilungen, sondern generell vom Autismusspektrum, da vieles fließende Übergänge sind und keine schwarz-weiße Abgrenzung.
    Wobei ich persönlich es tricky finde, von „leichteren“ Formen zu sprechen. Denn auch wenn ich selber beispielsweise gelernt habe, mich in einer neurotypischen Welt zu bewegen und auf den ersten Blick nicht autistisch wirke, kämpfe ich dennoch mit teils erheblichen Schwierigkeiten, vor allem was soziale Interaktionen betrifft, Veränderungen, sensorische Reize und und und. Weniger von außen wahrnehmbar bedeutet nicht unbedingt leichter.

    Liebe Grüße
    Anne

    1. Hallo Anne,
      vielen Dank für den netten Kommentar. Ja, leider sieht man vielen Menschen gar nicht an, wie es ihnen innerlich geht oder mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Es freut mich, dass Du beim Puzzeln abschalten kannst.

      Liebe Grüße
      Julia

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